Zum schwarzen Raben  
 
Ulricherstr. 15 
Tel.: 02921/16309

Es begab sich zu der finsteren Zeit des zweitausendundvierten Jahres nach des Heilands Ankunft, da sich in den kalten und düsteren Nächten dieser Tage einst zwei junge, gottesfürchtige Schreiberlinge, frei von jeglich Tadel und voll Anstand, aufmachten, die berüchtigten Tavernen und Raststuben des altehrwürdigen und geheimnisumwitterten Soest zu erkunden.

Nachdem sie nun schon eine ganze Weile durch die gespenstisch leeren Gassen geirrt waren, war es wohl um die zwölfte Stund’, da von Fernen ein warmes Licht aus dem undurchdringlichen Dunkel an ihre Augen drang.

Getrieben von Hunger und Durst und um Schutz vor der bitteren Kälte zu finden, beschleunigten sie ihre Schritte und fanden sich schon bald vor der Tür eines wahrlich furchteinflößenden Gasthauses wieder. Das in Schieferschindeln gehüllte Haus war gar eben so düster wie das Federkleid des namengebenden Vogelgetiers.

Eingetreten in die dunkle, von Pentagrammen und Knoblauchsträngen gezierte Schankstube, wurden sie vom buckligen Wirt sogleich zur Seite genommen und, obwohl völlig aus dem Zusammenhang gerissen, gemahnt, das Schloss zu meiden. ...Welches Schloss, zum Teufel?

Die Antwort blieb er uns allerdings schuldig, denn plötzlich vernahmen wir von draußen den Widerhall eines herannahenden Pferdegespanns. Direkt vor der Pforte des Gasthauses verstummte das Gerassel des Geschirrs und mit dem zwölften Glockenschlag der alten Paulikirche trat humpelnd eine kleine, unwirkliche Gestalt ein. Wie eine Herde verängstigter Schafe, die einen Wolf wittern, verkrochen sich der Wirt und die übrigen Gäste in die dunkelsten Winkel des Raumes. Hastig dahergeflüsterte Stoßgebete waren zu hören, während wir starr und einsam dastanden." Folgt mir!" sagte der vollends in schwarz gekleidete Kutscher mit erdiger Stimme und wie berauscht durch seine Worte stiegen wir in die Kutschkabine. Eine merkwürdige Reise ins Ungewisse begann. In rasantem Galopp führte uns der Weg durch die menschenleeren Gassen der Stadt. Plötzlich drangen durch das monotone Hufgeklapper Laute an unsere Ohren, die selbst den tapfersten Streiter Zions hätten erschaudern lassen.

Das Wehgelaut, Stöhnen und leidvolle Klagen tausender gepeinigter, ruheloser Seelen erfüllte die kalte Dezembernacht und ließen uns das Herz stillstehen. Als ich zum Fenster hinaussah, erblickte ich zu unserer Rechten den in dichten Nebel gehüllten Osthofenfriedhof. Und für einen Augenblick meinte ich, in dem undurchdringlichen Dunst die Schemen hunderter Untoter zu erkennen, die auf uns zutaumelten. Doch dann hatte die Kutsche den Gottesacker bereits passiert und bewegte sich stadtauswärts.

Nachdem wir wohl eine Dreiviertelstunde über Land gefahren waren, lenkte der Kutscher den Wagen in einen finsteren Waldweg ein. Schlagartig verdunkelte sich der Mond, die Luft erstarrte und selbst der süßliche Gesang der Nachtigal verstummte. Jetzt überkam auch meinen treuen Freund und Gefährten die Angst. Mit zitternder Hand schlug er seine Bibel auf und las mit bebender Stimme die Zeilen: " ...und siehe wenn tausend Jahre vollendet sind, wird der Satanas los werden aus seinem Gefängnis. Und er wird ausgehen zu verführen die Heiden an den vier Enden der Erde und sie Gog und Magog versammeln in eine Streit, welch' Zahl ist wie Sand am Meer. Und sie traten auf die Breite und umringten das Heerlager der Heiligen und..."

Die Droschke stoppte und der Bucklige öffnete den Schlag. Zum erstenmal konnte ich in seine Augen sehen. Es waren die Augen eines Wahnsinnigen, einer gottlosen Kreatur mit einer Seele so finster wie die Abgründe des Hades. "Der Meister erwartet Euch schon!" sagte er und sein diabolisches Lachen hallte durch die Nacht.

Erst jetzt bemerkten wir, dass wir direkt vor dem Tor eines Schlosses standen, dessen Türme bis in den Himmel zu ragen schienen und von Blitzen umzuckt wurden. Wir traten ein und das mächtige Tor fiel donnernd hinter uns zu. Nun standen wir allein in einem gewaltigen dunklen Saal.

Plötzlich spürte ich eine Hand auf meiner Schulter, fuhr herum und sah mich unvermittelt einem wahrhaft schaurigen Wesen gegenüber, einer Kreuzung aus Wolf und Mensch mit Klauen wie die eines Bären. Es entblößte ein Gebiss so schauderhaft, wie ich noch nie eines zuvor erblickte und mit einem plötzlichen Ruck seines Kopfes bohrte es seine Zähne in meinen...

"Hallo, heh, Sie, aufwachen! Nun wachen Sie schon auf!" "Was? Wie? Wo...wo bin ich?" "Wir schließen jetzt, Sie müssen gehen!" Oh, mein Gott, wir müssen eingeschlafen sein. Jetzt entsann ich mich wieder:

Wir wollten den schwarzen Raben rezensieren, aber weil der Laden so langweilig ist wie ein VHS-Kurs in Stenographie, muss uns wohl die Müdigkeit übermannt haben. Welch ein merkwürdiger Traum. Mir muss wohl die fettige Frikadelle (auf der Karte als "Hacksteak" bezeichnet) auf den Magen geschlagen sein. "Zeit zu gehen!" ermahnt man uns abermals und wir verlassen das Gasthaus und... aber Moment, wo war ich da gerade hineingetreten?

Was ich nun sah, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren und Todesangst bemächtigte sich meiner. Mit meinem rechten Fuß stand ich direkt in einem stinkend dampfenden Haufen Pferdemist...

Atmosphäre:  dem Harmagedon gleich
Gäste: einfaches Gesindel, das sich um Fernseher und Tresen schart
Musik: schauderhafter Gesang der Untoten (Roy Black)
Einrichtung: wie ’ne Dorfkneipe in Ense-Bilme
Toilette: dem Ambiente entsprechen
Preise:  was man für’n Pils und ’nen Appelkorn halt so bezahlt
Bewertung: 
 
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