Soundgarden | |
Was ist das? Es ist dunkel. Es ist stickig. Es ist laut und überall sitzen verschwitzte, alkoholisierte Gestalten an leeren Ölfässern? Nein, das ist nicht der Maschinenraum der Exxon Valdez - das ist Soundgarden! Nun, spätestens seit der letzten Fanta-Werbung wissen wir alle, dass man die wirklich angesagten Partys in stillgelegten U-Bahnschächten feiert und mit einem solchen kann es der Soundgarden locker aufnehmen. Vermutlich hatte man bei der Gestaltung der Räume versucht, Monotonie und Technisierung all unserer Lebensbereiche mit der fortschreitenden Anonymität und dem zunehmenden Egoismus unserer Gesellschaft zu verbinden. Dies galt es in harten Blechtonnen, kahlem Mauerwerk und blankem Stahl auf subtile Weise dem fassungslosen Besucher,- in sich selbst ja auch nur Opfer dieser Welt und Gefangener des eigenen Ichs -, darzulegen. Diese ganze Trostlosigkeit und Gefühlsarmut wird wiederum von der dargebotenen Musik gekonnt aufgegriffen und führt die vom Künstler bewusst gewählte Bezeichnung "Klanggarten" ad absurdum. Aber vielleicht ist das ja auch nur absoluter Blödsinn und die Kids von heute finden es einfach nur cool, sich für ein paar Stunden in eine Welt entführen zu lassen, so bunt und lebensfroh wie die eines Leuchtturmwärters auf den Färöer-Inseln zur Polarnacht und dabei willfährig in einem Geräuschozean zu versinken, der einen steten akustischen Balanceakt zwischen Shuttletriebwerktest und Fabrikstanze darstellt. Das Publikum präsentiert sich, wie in allen Kleinstadtdiskos, eher gemischt. Zumeist meint man allerdings, in einem Pulk von Schaufensterpuppen aus der Young Collection Ecke zu stehen, die mehr Ringe in den Ohren haben als manche an ihrer Gardinenstange. Die meisten hier sind ziemlich hip und stehen auf Musikarten wie Hardovercrosscoretrancetechnodancefusion... äähh oder so ähnlich!? Vereinzelt drängen sich beinharte Metalheads mit Eastwood-Mine und Mofahelm am Arm durch die träge Masse, und wir alle kennen die an Geschmacklosigkeit und Dumpfheit kaum zu übertreffenden T-Shirts irgendwelcher Ruhrpott-Deathmetalbands mit Motiven, bei denen man sich unweigerlich fragt, ob dem Typen gerade in der Pommesbude die Currywurst aufs Hemd gefallen ist oder ob er sich in nekrophilem Wahn die Gedärme toter Katzen auf die Brust schmiert. Seit neuestem ist die ganze Kaschemme in verschiedene Bereiche aufgeteilt und präsentiert sich als Themenpark der heutigen Jugendkultur. Da träumt im "Club" der Rapper aus dem Hochsauerland vom Gangsta’s Paradies in der Bronx, während in "Halle 1" D.J. Dumpfbirne bei "Dancefloor ’n’ More" die Puppen tanzen lässt und beim Betreten des "Doom" meint man unweigerlich, man sei pünktlich zum Dosenstechen in die Abschädel-Party von Punkerpärchen Skunk und Zecke in einer besetzten Kreuzbergruine geplatzt Das Getränkeangebot und dessen Preise liegen im durchaus üblichen Rahmen vergleichbarer Lokalitäten. Abgerechnet wird über Lochkarten, bei denen allerdings nach zwei Bier kein Mensch mehr weiß, wie viel es nun zu entrichten gilt. Immer lohnenswert ist ein längerer Aufenthalt am Tanzflächenrand. Blutjunge Dinger mit freiem Bauchnabel und knallengem Adidashöschen wirbeln ihr langes Haar und reiben ihren Barbie-Body an grünhaarigen Kurt-Cobain-Klonen. Diese wiederum hüpfen im Takt auf und ab wie eine Horde afrikanischer Buschmänner, die gerade in einen Termitenschwarm getreten sind. Auf der Toilette unterhält man sich dann mit den Kumpels aus der Clique über das letzte Roskilde-Festival, wo man sich doch so herrlich im Schlamm gewälzt hatte und der Mattes so breit war, dass er glaubte, A-Hörnchen und B-Hörnchen dabei ertappt zu haben, wie sie seinen Shit klauten und er dann wie ein geisteskranker Derwisch über den Campingplatz jagte. Der größte Teil der Besucher scheint mir doch arg jung zu sein. So ähnlich muss man sich wohl die Krabbelgruppe im MTV-Sendergebäude oder eine Karnevalsfeier in einem Kinderhort für Hyperaktive vorstellen. Lustig auch die von Zeit zu Zeit angebotenen Events, (Neudtsch. für "Eventuell lässt sich aus Scheiße Geld machen" siehe auch "Soester Schankhaus Brevier") bei denen man bis zum Spitzbart und frau bis zum Augenbrauenpiercing in Popcorn, Schaum oder Styroporschnee versinkt. Wer sich also nicht unbedingt zu einer der oben erwähnten Subkulturen zählt und auch nicht wissen möchte, wie man eine Party in einem Braunkohlestollen feiert, sollte den Soundgarden eher meiden.
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